Liebe geht raus!
Daumen-hoch zum World-Emoji-Day? Dann sind Sie vermutlich fortgeschrittenen Alters. Und zu ihren Top-Emojis gehören außerdem das rote Herz und der grüne Haken. Aus Sicht der jüngeren Menschen ...
Beitrag lesenAmelie Marie Weber ist 26 Jahre jung und Head of Social Media der FUNKE-Zentralredaktion in Berlin. „Ich wollte nie etwas anderes werden als Journalistin“, sagt sie. Im Februar 2021 hat sie den TikTok-Account @DuHastDieWahl eröffnet, der sich an Erstwähler*innen richtet. Inzwischen folgen ihr fast 70.000 meist junge Menschen und sie wurde für ihre journalistische Arbeit bereits mehrfach ausgezeichnet. Wir sprachen mit ihr über Anfänge, Erfahrungen und Learnings zum Thema TikTok.
Im Leben der Journalistin ist in den letzten Monaten ganz schön viel passiert: Das Fachmagazin KressPro hat sie unter die 25 Newcomer*innen des Jahres gewählt, für das „Medium“ Magazin zählt sie zu den Top30bis30 und für ihren TikTok Kanal ist sie mit dem Eckensberger-Preis für Nachwuchsjournalisten ausgezeichnet worden.
Ehrlich gesagt – das habe ich mich damals auch gefragt! Ich war gerade neu in der FUNKE Mediengruppe, und mein Chef sprach mich an und fragte, ob ich die Social-Media-Kanäle übernehmen möchte und ob ich mir TikTok vorstellen könnte. Da habe ich erstmal geschluckt, denn für mich war TikTok eher so eine Tanzplattform...
Ja, TikTok ist bekannt für Comedy- und Tanzvideos. Aber natürlich lassen sich da auch Informationen vermitteln. Bei TikTok kann man verhältnismäßig schnell Reichweite aufbauen. Wenn ein Video den Nerv trifft, dann kann es viral gehen und sehr viele Menschen sehen es. Das ist anders als bei Facebook und Instagram, wo gute Verbindungen und Follower*innen wichtig sind. Das weiß ich heute – doch damals wollte ich einfach meinen Chef nicht enttäuschen. Ich habe mir also die App heruntergeladen und erst einmal viel Zeit damit verbracht, Videos anzuschauen und zu analysieren: Welche Videos laufen gut, wie funktioniert die Kommunikation auf der Plattform? Verschiedene Videos habe ich mir als Inspiration gespeichert. Und dann habe ich einfach angefangen und selbst die ersten Videos hochgeladen – so habe ich schnell gemerkt, was damit passiert und was läuft.
Mir war klar, dass der Account ein Gesicht braucht. Und dass ich das wurde, hat genau zwei Gründe: Erstens hatte ich gar kein Budget, eine externe Person dafür anzuheuern; und zweitens war ich selbst schon immer ganz gerne auch vor der Kamera.
Ich mache alles mit dem Smartphone – drehen, schneiden, und hochladen. Dafür brauche ich genau zwei kostenlose Apps: den Capcut Video-Editor und Tiktok. Das einzige, was wir neu angeschafft haben, waren ein gutes Mikrofon für den Ton und Beleuchtung. Und dann ist es aus meiner Erfahrung wichtig, eine zweite Person für den Dreh dabei zu haben.
Ja, ich arbeite mit einem Redaktionsplan. Ich denke sogar, dass die Organisation und die sehr genaue Planung einer der großen Erfolgsfaktoren des Kanals sind. Inhaltlich gucke ich, welche Themen interessant sind, und dann drehe ich zwei Tage am Stück und spiele den Content nach und nach aus. Dabei plane ich sehr genau, welches Video wann erscheint.
Ganz wichtig: Kurze Abstimmungswege! Mein Chef hat mir mit dem Kanal eine gewisse Verantwortung übergeben und mir vertraut. Ich musste nicht jedes Skript von ihm abnehmen lassen. Bevor ich ein Video online stelle, schaut er natürlich drüber und erteilt mir im besten Fall die Freigabe, aber das geht alles sehr unkompliziert. TikTok ist eine schnelle, knackige Plattform - daran muss man seine Arbeitsweise anpassen. Was mich zum dritten Erfolgsfaktor führt: Auf die Plattform muss man sich voll und ganz einlassen. Das bedeutet für mich, Inhalte „auf TikTok Art und Weise“ zu erzählen und sie dafür auch extra aufzubereiten.
Man muss klipp und klar sagen: Wenn man für einen Social Media Kanal verantwortlich ist, muss man schon wirklich Lust darauf haben. Ich mache vieles nebenher - auch mal samstagabends. Wenn ein Video viral geht, hat man auch mal gut drei Tage damit zu tun, egal ob man gerade privat unterwegs ist, im Dienst, oder sogar Urlaub hat. Der Account ist mein Herzensprojekt, ich stehe voll dahinter und betreue ihn auch über die „normale“ Arbeitszeit hinaus. Allerdings habe ich zwei Smartphones, die ich meistens auch beide dabei habe. Theoretisch habe ich also die Möglichkeit, das Arbeitstelefon mit der TikTok-App einmal auszuschalten. Theoretisch…. ;-)
Politik lebt von Meinungen und Gegenmeinungen. Wir wollen Anreize schaffen, um über Politik zu diskutieren. Deshalb freue ich mich über Meinungen in den Kommentaren. Wenn sie strafrechtlich relevant sein sollten, muss ich damit entsprechend umgehen und löschen. Ansonsten kann man ja auch einfach einmal frech zurückzufragen. Das funktioniert auf TikTok sehr gut. Es geht ja darum, dass die Leute sich gehört und ernst genommen fühlen.
Das Video mit meinem Interview mit Christian Lindner habe ich dummerweise im Urlaub hochgeladen. Dann bekam es drei Millionen Views und Tausende Kommentare – daraus habe ich gelernt… Wenn ich damit rechne, ein Video könnte durch die Decke gehen, lade ich es nie mehr im Urlaub hoch!
Es ist wichtig, einen klar definierten Fahrplan und eine Strategie für den Kanal zu entwickeln. Aber dann: Übergebt die Verantwortung jungen Mitarbeiter*innen, die Lust auf den Kanal und die Interaktion haben! Gebt jemandem die Freiheit und das Zepter in die Hand, die/der vertraut mit TikTok ist und ein eigenes Anliegen hat. So gibt es einen roten Faden durch die Posts und es spielt sich ein eigener Stil ein.
Seit ich 13 Jahre alt war, wusste ich, dass ich Journalistin sein wollte. Ich habe jede Sommerferien für Praktika und andere Möglichkeiten genutzt, die mich meinem Ziel näher brachten. Beispielsweise habe ich bei der Evangelischen Kirche im Rheinland am Projekt „News4U - Jugend macht Medien“ teilgenommen und ein Jahr lang jeden Monat einen Workshop besucht. Viele haben mir davon abgeraten, Journalistin zu werden, aber das hat mich nicht davon abgehalten, mein Ziel zu verfolgen. Die Auszeichnungen motivieren mich, weiterzumachen und dranzubleiben.
Als Journalistin gibt man viel. Manche Videos sind auch mal nicht erfolgreich, oder gute Videos werden nicht gesehen. Da heißt es dranbleiben: Wir haben in den ersten sechs Monaten gerade mal 10.000 Follower*innen gewonnen - und das hat gedauert. Aber wir sind drangeblieben. Und dann haben sich die Zahlen plötzlich überschlagen, und jetzt haben wir 70.000 Follower*innen. Am Anfang muss man dranbleiben und lernen.
Ja, unbedingt! Ich will mich weiterhin stetig verbessern. Als nächstes möchte ich eine Schulung für Sprechen vor der Kamera machen. Das mache ich im Moment nämlich einfach nur nach Gefühl. Ich glaube, dass ich mich da verbessern kann. Und privat möchte ich Spanisch lernen.
Wir danken dir für das Gespräch!