Vor zwei Jahren hast Du einen Vortrag über KI in der Bildwelt bei uns gehalten. Was hat sich seitdem verändert?
Wie zu erwarten: Eine Menge. Bildqualität, -größe und die Steuerbarkeit der Tools sind viel weiter als damals. Immer noch nicht perfekt, denn die Maschinen können menschliche Gedankengänge nicht nachvollziehen. Die korrekte Uhrzeit kann eine KI noch nicht “verstehen”, also keine Uhr generieren, die 8 Uhr zeigt.
Womit auch zu rechnen war: Viele Leute kommen durch neue Features in den Tools auf Ideen, die sich toll anhören, aber komplett absurd sind: “Gib mir 5 Fotos Deines CEO und ich generiere Dir 120 Portraits für LinkedIn”. Viele neue “Geschäftsideen” sehe ich, denen der Realitätssinn abgeht. Wie seriös, wie authentisch sind generierte Bilder “meines Chefs”? Es ist wunderbar und viel günstiger als früher, wenn die Eistee-Genießer im Werbefilm durch KI-Fantasiewelten hüpfen, aber die Realität lässt sich noch immer nicht generieren.
Was angekündigt wurde, ist jetzt da: KI rüttelt an der gesamten Kommunikationsbranche. Da geht es eher um Prozesse, die automatisiert werden. Telefonzentralen, Schreibmaschinen und analoge Kameras blieben früher auf der Strecke, jetzt sind es Layouter, schreibende und programmierende Menschen, die von Maschinen ersetzt werden. Werbeagenturen wandeln sich vom Dienstleister zum Nur-noch-Berater und in diesem Jahr sinkt die Stimmung in der Branche.
Was gibt Dir bei Deiner Arbeit als Bildexperte und Berater Hoffnung?
Seit der Erfindung des Internet hat sich die Zahl der Werbebotschaften, die wir täglich erhalten, verfünffacht. Um in der Medienflut noch gesehen zu werden, entscheiden sich Unternehmen entweder für Masse oder für Klasse. Was mir hier Hoffnung gibt: Es sind die Menschen, die Kommunikation nach wie vor für Menschen gestalten.
So auch in meinen Schulungen: In der Kommunikationsbranche gibt es noch viel Unsicherheit rund um Bildrechte und -technik. Hier nicht nur mit Fachwissen, sondern auch mit dem richtigen Gefühl für die Problemstellungen in den Schulungen dafür zu sorgen, dass die Teams sattelfest entscheiden können; das sorgt für Sicherheit. Und damit auch für Entlastung. Dieses Gefühl als Feedback: Das motiviert mich und gibt mir Hoffnung.
Worauf hoffst Du in den nächsten Monaten?
Bei allen Anzeichen aus der Weltpolitik, die auch die Kommunikationskanäle verstopfen, habe ich eine Hoffnung: Europa wird das Prinzip Menschenwürde nicht aufgeben. Kürzlich diskutierte ich das Thema “Pressefotos und Wahrheit” mit einem Kreativen, der in der DDR sozialisiert wurde. Als Kind lernte er: Glaube erst recht nicht der Presse. Heute weiß er viel besser als ich, welchen Schatz es in einem Europa zu wahren gilt und dass Glaube und Hoffnung den Rücken stärken, um für Menschenwürde zu kämpfen.